Es war der dritte Monat an der Akademie der Astralen Künste, und Amaya hatte langsam begonnen, sich in ihrem neuen Leben zurechtzufinden. Sie war nach wie vor von der Herausforderung überwältigt, aber der Alltag hatte eine gewisse Struktur bekommen. Ihre Fähigkeiten entwickelten sich weiter, und sie wusste jetzt mehr über ihre Kräfte als zu Beginn, auch wenn sie immer noch nicht das volle Potenzial ihrer Astralenergie verstand. Die Magie, die durch sie strömte, war mächtig und unvorhersehbar, und jeder Tag brachte neue Lektionen – sowohl in der Magie als auch im Leben.
Trotzdem war da immer noch Jackson. Und mit jedem Tag schien sich ihre Rivalität zu vertiefen. Sie konnte ihn einfach nicht abschütteln. Die Dinge, die er zu ihr sagte, seine ständigen Provokationen, die Art, wie er sie behandelte – alles das war wie ein Schatten, der über ihr schwebte. Amaya hatte gehofft, dass sich diese Feindseligkeit mit der Zeit legen würde, aber sie hatte sich geirrt. Jackson war ein stetiger, störender Faktor in ihrem Leben, und er fand immer neue Wege, sie zu testen.
Es war ein weiterer gewöhnlicher Tag, als der Vorfall passierte, der alles veränderte.
Amaya war in der Bibliothek und versuchte, sich auf ihre Studien zu konzentrieren. Sie hatte die letzten Tage damit verbracht, mehr über die Manipulation von Astralenergie zu lernen, insbesondere über die verschiedenen Formen der Energiekanalisierung. Doch der Gedanke an Jackson war immer noch wie ein lähmender Schatten, der sie nicht losließ. Die Erinnerungen an die letzten Auseinandersetzungen, an die ständigen Sticheleien, ließen sie nicht zur Ruhe kommen. Heute war es besonders schlimm, denn der Professor hatte ihre Gruppe für das jüngste Projekt nur mäßig bewertet, und sie wusste, dass Jackson seine spöttischen Bemerkungen in der Öffentlichkeit über sie verbreiten würde.
„Du weißt schon, dass du hier nie wirklich etwas erreichen wirst, oder?", hatte Jackson während der Präsentation leise geflüstert, aber so, dass es jeder hören konnte. „Das Artefakt war nicht schlecht, aber es fehlte an allem, was es zu etwas Großem hätte machen können. Du solltest dich vielleicht besser mit Dingen beschäftigen, die deinem Niveau entsprechen."
Diese Worte hatten Amaya wie ein Schlag getroffen. Jackson wusste genau, wie er ihre Schwächen ansprechen konnte, und er tat es mit einer hinterhältigen Leichtigkeit. Sie wollte ihn zurückweisen, wollte ihm zeigen, dass er Unrecht hatte, aber irgendetwas in ihr hielt sie zurück. Sie wusste, dass er sie nicht nur durch seine Fähigkeiten herausforderte, sondern auch durch seine Worte. Er schien sie mit jeder Silbe zu entwaffnen.
Doch heute, an diesem Tag, war es anders. Amaya hatte genug. Sie war müde von Jacksons ständigen Angriffen, müde von der Art, wie er sie in den Hintergrund drängte, als ob sie nichts wert wäre. Es war genug.
Sie schloss das Buch, das sie gerade las, und blickte auf. Ihre Augen suchten nach Clara, die an einem Tisch weiter hinten in der Bibliothek saß, als sie plötzlich eine vertraute, fast schon störende Präsenz spürte. Jackson trat in die Bibliothek, mit einer selbstsicheren Haltung, die ihn immer mehr wie einen unantastbaren König erscheinen ließ. Seine Freunde umgaben ihn wie ein Hofstaat, doch diesmal war es, als ob er sich nur auf Amaya konzentrierte.
„Du liest noch immer?", hörte sie seine Stimme, scharf und durchdringend. „Ich dachte, du hättest es aufgegeben, nach Wissen zu suchen, das du ohnehin nie erreichen kannst."
Amaya hob den Blick und fixierte ihn. Diesmal war sie nicht bereit, ihm mit Schweigen zu begegnen. Es war Zeit, ihm die Stirn zu bieten.
„Du hast eine bemerkenswerte Art, immer wieder die falschen Dinge zu sagen, Jackson", sagte sie ruhig, doch ihre Stimme trug. „Vielleicht solltest du dich einfach darauf konzentrieren, deine eigenen Fehler zu erkennen, anstatt immer nur die Fehler der anderen zu suchen."
Er zog eine Augenbraue hoch, überrascht von ihrem unüblichen Ton. „Oh? Du bist also bereit, dich zu wehren? Das überrascht mich. Aber glaub mir, du wirst niemals auf mein Niveau kommen. Du bist nichts weiter als ein Waisenkind, das glaubt, etwas Großes zu erreichen."
Amaya fühlte, wie Wut in ihr aufstieg, doch sie versuchte, ruhig zu bleiben. „Ich habe es nicht nötig, mich mit dir zu messen, Jackson. Und du kannst mir deine Meinung sparen. Du bist nur ein weiterer Mensch, der glaubt, sich über andere erheben zu können, weil du zufällig hier an der Akademie bist."
Jackson lachte bitter, doch sein Lächeln war keineswegs freundlich. „Du bist ein bisschen zu selbstsicher, Amaya. Glaub nicht, dass du hier wirklich dazugehörst. Du bist eine von vielen, die glauben, sie hätten einen Platz verdient, und am Ende werden sie alle scheitern."
„Und was ist mit dir?", fragte Amaya, die nun einen Schritt auf ihn zu machte. „Du bist genauso jemand, der glaubt, sich über alle anderen zu stellen, weil du ein paar gute Bewertungen bekommen hast. Du hast noch nicht verstanden, was wahre Stärke ist, Jackson."
In dem Moment, als die Worte aus ihrem Mund kamen, bemerkte Amaya eine Veränderung in seiner Haltung. Etwas in ihm schien sich zu verschieben – eine Mischung aus Überraschung und vielleicht auch ein wenig Unsicherheit. Doch statt sich zurückzuziehen, griff er nach seinen eigenen Worten, als ob er versuchte, sie zu entkräften.
„Du hast keine Ahnung, wovon du sprichst", sagte er scharf. „Du bist hier nur, weil dir jemand einen Platz gegeben hat. Du bist nicht hier, weil du es wirklich verdienst."
Die Worte trafen Amaya wie ein Schlag, doch diesmal ließ sie sich nicht davon unterkriegen. Sie wusste, dass Jackson mit seinen Angriffen nur versuchte, sie klein zu halten, und sie wusste, dass er damit nicht durchkommen würde.
„Ich bin hier, weil ich es verdiene, Jackson", sagte sie langsam und mit Nachdruck. „Und ich werde dir zeigen, dass du Unrecht hast."
In diesem Moment, als der Raum zwischen ihnen gespannt war, spürte Amaya etwas, das sie nie zuvor wahrgenommen hatte: Die Herausforderung war jetzt nicht mehr nur zwischen ihnen, sondern auch in ihr selbst. Sie war bereit, sich zu beweisen, bereit, Jackson und allen anderen zu zeigen, dass sie hier war, um zu bleiben – und dass sie mehr konnte, als sie sich selbst je zugetraut hatte.