Eine paar Tage vergingen, Maggy und Max bereitete sich auf ihre erste Extraktion vor. Wie das Mädchen es prophezeit hatte, wurde Dr. Dess doch dazu gerufen, ohne eine Erklärung wieso sie auf einmal doch nicht allein waren.
Gabriel hatte mit ihr die ganze Nacht in dem Verließ verbracht. Als sie eingeschlafen war legte er ihren Kopf vorsichtig auf seinen Schoß damit sie bequemer schlafen konnte. Er fing an mit ihren Haaren zu spielen, er machte einen Knoten in eine ihrer weichen Strähnen und entknotete diesen wieder, während er die ganze Nacht nachdachte, über seine Zukunft, über ihre Zukunft. Gabriel ging durch wie sie hier verschwinden könnten, doch ein Blutbad war die einzige Möglichkeit, dafür würde er stärker werden müssen. Und er würde mehr über dieses Ritual herausfinden müssen. Er überlegte, wie er Max loswerden konnte, oder wie er diesen Körper verlassen konnte.
Als am Vormittag die Wache kam, um sie herauszulassen hatte er sich in der Zelle nebenan versteckt. Ab da begann ihr Alltag, Maggy verbrachte den Tag mit Max, beide aßen zusammen in ihrem Zimmer, um den Eltern aus dem Weg zu gehen. Denen schien das egal zu sein. Sie spielten fangen oder verstecken, jeden blöde Spiel, dass ihnen einfiel bevor sie anfingen selbst spiele zu erfinden. Es war als holten sie beide ihre Kindheit nach. Sogar Gabriel der auf dem Beifahrersitz war genoss die Zeit, die er mit den zwei verbrachte. Auch er hatte eine Kindheit, wenn nicht mehrere, nachzuholen. Max taute immer mehr auf und war vernarrt in Maggy, was Gabriel einerseits gut fand, so bekam auch er mehr von ihr mit, während er andererseits genervt war von Max peinlichen rot werden, wenn er ihre Hand hielt, oder ihr plötzlich Nahe war. Er war ihr Bruder, doch gleichzeitig spürte Gabriel, dass sie auch Max´ erste Liebe war. Es war harmlose Verliebtheit, die Max unweigerlich der ersten Person gegenüber spüren würde die ihm Wärme geben würde. Wäre es nicht Maggy gewesen würde er bei einer freundlichen Wache erröten. Gabriel verurteilte ihn dafür nicht, er war live dabei als er hungerte, geschlagen wurde und gedemütigt wurde. Aber Gabriel konnte seine Wut nicht unter Kontrolle bringen, er wollte ihn in sein schwaches Gesicht schlagen, aber damit würde er nur sich selbst treffen. Also verbrachte er den Tag mit Maggy, Gabriel durchgehend wütend, während er die Nacht mit ihr verbrachte, wovon sie aber nichts mitbekam. Er sammelte sie auf ihren Rundgängen ein und brachte sie ins Bett, wo er selbst einschlief, während er Wache hielt. Jede Nacht kam Dennis vorbei, manchmal auch zweimal, und wünschte ihr eine Gute Nacht, wohlgemerkt während sie schlief. Gabriel hatte jedes Mal instinktiv sein Messer gezückt und fast einen Herzinfarkt bei Dennis´ kreischender Stimme bekommen. Er beschloss mit ihm über seine Nächtlichen Besuche zu reden.
Der Grund wieso die Tage so friedlich vergingen war, dass der Unterricht für Maggy und Max ausfiel, somit wurde auch das Bankett verschoben. Der Junge konnte erst vorgestellt werden, wenn er die Etikette verinnerlicht hatte.
Max stand bleich vor Maggys Zimmer, er klopfte und sie kam heraus. „Mach dir keine Gedanken, alles ist gut." Versuchte sie ihn zu beruhigen. Die beiden machten sich auf den Weg in den Keller. Sie nahmen den offiziellen Weg durch das Erdgeschoss. Vor einer großen Tür hielten sie an, ihre Eltern standen davor. „Wir sind so stolz auf dich." Sagte Miriam zu Max, ihre Tochter die sie seit dem verhängnisvollen Abendessen nicht mehr gesehen hatte, ignorierend.
Charls klopfte ihm auf die Schulter „Wir warten hier auf dich." Max nickte verhalten, inzwischen war ihm das letzte bisschen Farbe aus dem Gesicht gewichen.
Die Wache schloss die Tür zu dem Keller auf, und sie gingen eine Steintreppe hinunter, die Decke war gebogen wie es in Katakomben der Fall war. Links und rechts waren Kerzen an die Wand angebracht. Unten an der Treppe angekommen gingen sie gerade aus, einen langen Gang entlang, bevor sie in dem Labor ankamen. Alles war in einem Sterilen weiß, zwei Metallliegen in dem Raum. Gabriel bemerkte, dass das Labor aufgeräumt und sauber war, im Gegensatz zu seinem Ausflug aus seiner ersten Nacht hier.
Ein dunkelblonder Mann begrüßte sie, mit schulterlangen Haaren, seine Brille auf seinen Kopf hochgeschoben anstatt auf seiner Nase, er war außerdem schlampig rasiert und in einen weißen Kittel gekleidet. Die Wache schickte er mit einer Handbewegung hinaus. Er setzte sich lässig auf seinen Stuhl, der vom Schreibtisch weg zu ihnen zugewandt war.
„Hi Max, mein Name ist Doktor Dess, du weißt was wir heute vorhaben?" Max nickte verängstigt. Der Arzt wandte sich Maggy zu. „Bist du dir sicher, dass du das tun willst?"
„Ja. Ein Viertel leg uns bei Seite, Max ist jünger und ihm kann nicht soviel extrahiert werden wie mir. Das Viertel mach zu Geld, das kannst du doch?" Die Frage am Ende hatte sie provokativ in die Länge gezogen, während sie ihn unschuldig ansah. Er lachte. „Natürlich, natürlich, was immer die kleine Lady möchte."
Gabriel bäumte sich in Max Körper auf, es war nicht abgesprochen, dass sie sich mehr Blut abnehmen ließ, um es zu Geld zu machen. Er mochte diese ganze Sache noch weniger als Max, er könnte stehlen um sie über Wasser zu halten, sie hatte keinen Grund mehr zu bluten als es unbedingt nötig war. Wieso konnte er nicht mit Max reden, wieso konnte er nicht nach Willen übernehmen, er fluchte in Gedanken bis ihm die Schimpfwörter ausgingen, doch er konnte nur ungläubig zusehen.
Maggy legte sich auf die Liege und Doktor Dess schlurfte zu ihr, sie zog ihren Pullover aus und hatte nur noch ein Trägerkleid an. Dr. Dess desinfizierte ihren Oberarm. Max´ Herz schlug so schnell, vor Angst, vor Mitgefühl, vor Schuldgefühlen, dass er fast Ohnmächtig wurde. Gabriel feuerte ihn an, dass er das Bewusstsein verlieren solle, damit er übernehmen konnte, doch Max schaffte es sich zusammenzureißen. Gabriel seufzte genervt.
Der Arzt schnitt mit einer gekonnten Bewegung in die weiche Stelle in die Innenseite ihres Oberarms. Maggys Arm hing weg von ihrem Körper, während das Blut an herunterfloss und in einer großen Schüssel auf den Boden landete. Max hatte zwar schon einmal live gesehen, doch er konnte es nicht glauben. Wie das Blut hart wurde, doch was das Klack-Geräusch auslöste war nicht einfach nur gefrorenes Blut, die Beschaffenheit änderte sich in dem kurzen Flug nach unten. Das hellrot verdunkelte sich, die Farbe bekam Tiefe und fing an zu glänzen. Es war wie ein Wunder. Er unterdrückte den Drang nach den Steinen zu greifen, nicht aus Gier, sondern aus Neugier, und sah zu Maggy. Ihre Blicke trafen sich und sie lächelte ihm zu, bevor sie wieder zu ihrem Arm sah, sie wirkte genauso gefesselt von dem Schauspiel wie er und Dr. Dess. Alle Drei sahen sie zu, während Gabriel verzweifelt nach etwas treten wollte. Hätte er gewusst wie es sich anfühlen würde zuzusehen wäre er wach geblieben um die Kontrolle zu haben. Ihm fiel auf wie Maggys Augen schwerer Wurden, und er wollte losbrüllen, dass es jetzt genug war mit dem verdammten Blut.