Die Woche verging schneller als ich dachte - und das war gut so. Es war qualvoll für mich zu wissen, dass mein Gefährte so nah und doch so fern ist und heute der Tag der Tage ist, an dem sich mein ganzes Leben schlagartig ändern wird.
Egal wie der Rat oder Alpha Elias sich entscheidet. Die Woche war trotzdem schön, denn die ersten kinderlosen Pärchen haben schon Zeit mit den Kindern verbracht und sich sehr schnell für ein bis zwei pro Pärchen entschieden. Das ist wundervoll, sind jetzt nur noch die kleine Anna und der große Clemens übrig. Die kleine Anna wollten eigentlich sofort alle haben, aber sie wich keinen Millimeter von mir und fing an zu weinen, wenn jemand Anderes sie hochheben oder mit ihr spielen wollte. So kenne ich sie gar nicht, normal hat sie immer mit allen gespielt. Sie schläft seit dem Umzug auch jede Nacht bei mir, egal wie oft ich sie ins eigene Zimmer trage, in der Früh liegt sie quer über mir… was mich auch tröstet, so kuschelt wenigstens irgendjemand mit mir. Ich habe die Kleine auf jeden Fall ins Herz geschlossen und beschlossen, wenn sie bis zum Ball keinem zugetan ist, dass ich sie selbst in meine Obhut nehme. Alpha Elias hin oder her, die Kleine liebt mich bedingungslos genau wie ich sie. Clemens ist leider auch noch nirgends untergekommen, denn er ist schon sehr pubertierend und misstrauisch gegenüber jedem. Für mich ist er eine super Hilfe, er hilft wo es geht und packt bei schwereren Sachen an. Irgendwie ist er auch immer der Beschützer von allen gewesen. Aber heute kommen nochmal die letzten Anwärter am Vormittag und dann werden wir sehen!
Für die anderen Kinder habe ich jeden Tag packen geholfen und alles weiter organisiert, damit sie gleich zu ihren neuen Familien können und jetzt besuche ich jeden Tag die einzelnen Pärchen und stehe mit Rat und Tat zur Seite. Die Meisten machen ihre neue Elternrolle schon sehr gut und ich brauche nur mehr Tipps beim Essverhalten und Schlafen geben, was mich sehr freut.
Alpha Elias bin ich so gut es ging aus dem Weg gegangen. Ich weiß, das ist vl feige, aber seit meine Wölfin erwacht ist, zieht es mich extrem zu ihm hin und ich traue mir selbst nicht über den Weg, bis er sich entschieden hat.
Ich für meinen Teil habe mich nach einer schlaflosen Nacht schon entschieden. Auch wenn er sehr egoistisch war, weil er mir nicht gesagt hat, dass er mein Gefährte ist und meine Situation ausgenutzt hat, verstehe ich seine Beweggründe. Ich bin halt ein sehr emphatischer Mensch und weiß nicht, ob ich nicht dasselbe für mein Rudel getan hätte. Mein Herz gehört mit jeder Faser Elias, er hat mich wie ich es mir immer gewünscht habe aus den Fängen meiner Peiniger gerettet. Falls er sich heute gegen mich entscheidet, wird zwar mein Herz zerspringen, aber ich versuche mit den guten Erinnerungen aus seinem Leben zu gehen.
Elias hat sich ebenfalls nicht sehr oft blicken lassen. Ich weiß, er hat mit den neuesten Schurkenbelagerungen zu tun aber ich habe ihn immer nur kurz bei den Kinderübermittlungen gesehen, denn er musste dies natürlich absegnen. Dabei hat er mich oft sehnsüchtig angesehen aber wenn wir dann kurz geredet haben war er kurz angebunden und wirkte gestresst. Irgendwie hab ich nicht das Gefühl, dass der Rat so schnell nachgibt. So oder so, ich werde es heute erfahren.
Die letzten zwei Elternpärchen sind nun da und ich stelle ihnen Anna und Clemens vor. „Was für eine entzückende kleine Wölfin" säuselt eine hübsche Blondine die mit ihrem durchtrainierten Mann da ist und möchte Anna näher betrachten doch diese versteckt sich sofort hinter meinem langen Rock. „Anna ist etwas schüchtern" verteidige ich sie, und das ist Clemens, unser ganzer Stolz und einfühlsamer Aufpasser der kleineren und größeren Kinder" füge ich hinzu, doch Blondie hat nur Augen für Anna. Wir gehen zum Spielplatz und ich versuche Anna zu überreden in der Sandkiste zu spielen oder zu rutschen, was sie auch brav tut, aber kaum kommt ihr Blondie, die Sarah heißt wie ich bald erfahre, zu nahe - huscht sie hinter mich oder Clemens. Das zweite Pärchen ist schon etwas älter und schaut sich Clemens etwas genauer an. „Ein prachtvoller Bursche. So jemand wie ihn könnten wir gebrauchen, wir sind nicht mehr die jüngsten und er könnte unsere Altersvorsorge sein!" Auch das sind nicht die Argumente die ich für Clemens hören möchte und nach ein paar Stunden Versteckspielen mit Anna und einen Pubertätsausbruch von Clemens verabschiede ich mich von den Pärchen ohne ihnen ein Kind zu versprechen. War wohl heute kein so guter Tag, dafür waren die andern Paare sehr liebevoll und fürsorglich und so konnte ich die bisherigen Kids in gute Hände geben.
Nach dem Mittagessen und Mittagsschläfchen von Anna gehen wir noch raus spazieren und Clemens beim Trainieren zusehen. Wieder zurück kann ich es nicht mehr aufschieben und ich bereite mich und Clemens für den Mondfinsternisball vor. Die kleine Anna werde ich so wie viele andere Pärchen im Rudelhaus niederlegen, dann können sie uns wenn sie aufwachen per Mindlink Bescheid geben und wir sind gleich da wenn sie was brauchen. Für Clemens habe ich einen Anzug und schöne Schuhe besorgt und er wäscht sich nun bevor er sich ankleidet. Ich war auch schon duschen und entflechte meine lockigen Haare, damit ich sie später zu einem lockeren Dutt stecken kann, als es an der Tür läutet. Ich öffne diese und unser Bote steht da, mit etwas in der Hand. „Ein Päckchen für sie, Fräulein". Ich nehme dieses überrascht entgegen, als er auch schon wieder davon geht. Es ist eine längliche Schachtel, circa so lang wie mein Arm mit einem weißen Band rundherum. Neugierig und ein bisschen aufgeregt - lege ich es auf mein Bett und mache es vorsichtig auf. Ich habe seit dem Tod meiner Eltern keine Geschenke mehr bekommen. Demnach freue ich mich gerade wie ein kleines Kind. Nachdem der Deckel geöffnet ist muss ich noch ein Papier weggeben und sehe einen wunderschönen weißen Stoff - ein Kleid. Ein Ballkleid??? Schnell hebe ich es hoch und tatsächlich. Es ist ein wunderschönes weißes Ballkleid. Es schimmert, ich glaube es ist aus teurer Seide, mit feinen dünnen Trägern und einem herzförmigen Ausschnitt. Weiters purzeln aus der Schachtel noch dazupassende weiße Schuhe mit kleinen und feinen Absätzen, ebenso aus Seide. Dann ist noch eine kleine Schachtel unterhalb mit einer Kette mit kleinen weißen Röschen bzw. einer roten Rose in der Mitte sowie dasselbe Armband und Ohrstecker mit jeweils einer weißen Rose. Ich bin komplett hin und weg, muss mich einmal setzen und mir kommen die Tränen… doch fällt ein Papier vor meine Füße und ich erkenne einen Brief. Darauf steht:
„Liebste Rebecca! Es tut mir leid, dass ich dich die letzten Tage so vernachlässigen musste. Der Rat und die Schurken haben viel Zeit abverlangt und ich muss gestehen, ich hätte mich in deiner Nähe nicht mehr zurückhalten können und hätte dich ohne zu Fragen zur Meinigen gemacht - was deiner nicht würdig ist. Du bist würdig, heute wie eine Prinzessin auszusehen - dein schönes Inneres soll sich heute beim Ball auch nach außen spiegeln und darum habe ich dieses Kleid für dich persönlich ausgesucht, genauso wie Schuhe und Schmuck. Es würde mich freuen wenn du es für mich trägst. In Liebe, dein wartender Gefährte."
Nun heule ich wirklich wie ein kleines Mädchen, doch als Anna und Clemens kommen und die Sachen bewundern muss auch ich wieder lächeln und freue mich schon auf den Ball. Auch wenn ich heute herausstechen werde, ich fühle mich wirklich wie eine Prinzessin und hoffe es wird heute alles gut.